Wir ärgern uns über Regen, freuen uns über Sonnenschein, können uns aber auf Wettersituationen einstellen. Doch wie „mächtig“ das Wetter wirklich ist und sogar die heutige Weltordnung strukturierte, zeigen vier Beispiele aus den vergangenen 2000 Jahren.
Teutoburger Wald: Sandalen-Römer scheitern an germanischem Klima
Bergsteiger und Wanderer weisen immer wieder darauf hin, dass es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gebe. Als der römische Feldherr Varius im Herbst des Jahres 9 nach Christus aus seinem Winterlager links des Rheins in Richtung des heute niedersächsischen Mittelgebirges aufgebrochen ist, um die Germanen zu verdrängen und das Römische Reich weiter in Richtung Norden zu erweitern, war ihm offenbar nicht bewusst, dass das Klima in diesen Breitengraden etwas rauher ist als in seiner Heimat Rom. Dauerregen, Kälte und Nebel verhinderten ein Übersetzen der Römer auf die andere Seite des Rheins. Die Schlacht war für Varius’ Armee verloren.

Ardennenoffensive: Dichter Nebel über Belgien verhinderte den Sieg Hitlers und somit wohl einen Atomangriff der Alliierten auf Deutschland. Foto: Bundesarchiv/CC
Napoleons Russland-Feldzug: Franzosen heiß-kalt erwischt
Auch Napoleons Schicksal hat das Wetter entschieden. In den Jahren von 1812 bis 1815 verlor der französische Feldherr drei für ihn wichtige Feldzüge aufgrund von extremen Wettersituationen. Vorallem kam es den eher moderates Klima gewohnten Franzosen 1812 beim Vorstoß gegen Russland in die Quere. Als Napoleon im September Moskau erreichte, war seine Armee schon um 75 Prozent reduziert. Grund dafür war ein heißer Spätsommer jenes Jahres. Bei der Ankunft in Moskau hingegen waren die Temperaturen auf zweistellige Minusgrade gesunken. Der plötzliche Wintereinbruch gab Napoleons Armee dann den Rest.
Zweiter Weltkrieg: Dichter Nebel verhindert Atombombe auf Deutschland
Auch Hitler wurde während des zweiten Weltkrieges immer wieder durch Wettersituationen zurückgeschlagen und die Wehrmacht so immer mehr geschwächt. Die bekannteste wetterbedingte Niederlage ist wohl die Schlacht um Stalingrad. Der Feldzug, der am 7. Juli 1942 begonnen hatte und am 2. Februar 1943 mit 150.000 toten deutschen Soldaten endete, gilt als Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg. Ziel Hitlers war es, Ölfelder im Kaukasus einzunehmen. Doch das für Mitteleuropäer ungewohnte kontinentale Steppenklima ist von extremen Temperaturschwankungen geprägt. Während im September 1942 noch Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius gemessen wurden, setzten im Oktober Schneestürme ein und die Temperatur sank rapide auf bis zu minus 30 Grad, was die Wende in der Schlacht brachte. Der Schiffsverkehr auf der Wolga wurde durch Eisschollen behindert, die deutschen Infanteristen waren auf diese Temperaturen kleidungsmäßig nicht vorbereitet. Die Wehrmacht verlor die Schlacht – der Anfang des Endes des Dritten Reiches. Wie würde wohl die Welt heute aussehen, wenn es das Wetter damals mit Hitlers Vorhaben „gut gemeint“ hätte?
Auch beim Vorstoß gegen Westen machte das Wetter Hitler einen Strich durch die Rechnung. Im Rahmen der sogenannten „Ardennenoffensive“ sollten im Herbst 1944 in Belgien die westlichen Alliierten geschwächt und der Hafen Antwerpen zurückerobert werden. Der Angriff gilt als letztes Aufbäumen Hitlers und als „Privatschlacht“ des Diktators. Er hatte die Operation nur mit seinem engsten Generalstab geplant und die Wehrmacht außen vor gelassen. In „weiser Vorraussicht“ nannten die deutschen Kriegstreiber die Aktion schonmal „Unternehmen Herbstnebel“. Der Name sollte tatsächlich Programm werden. Als am 16. Dezember 1944 der wahnwitzige Schlag gegen die US-Armee losging, war Belgien von einer dichten Nebenhülle bedeckt. Sichtweiten unter 50 Meter verhinderten ein Aufsteigen deutscher Kampfflugzeuge. Der Zweite Weltkrieg war somit endgültig entschieden. Wenn Hitler die Schlacht gewonnen hätte, hätte das bedeutet, dass die erste Atombombe nicht Hiroshima getroffen hätte, sondern eine deutsche Stadt. Dieser Überzeugung ist der Historiker Karl-Heinz Frieser in einem Interview, das kürzlich in der „Welt“ erschien.